Schon seit einiger Zeit spukte die Idee bei uns herum, mal einen besonderen „lost place“ zu fotografieren: das alte Stadtbad in Krefeld. Am 05.10.2019 war es dann so weit – wir gehörten zu einer Gruppe von 20 Personen, die an einer Fotosafari teilnehmen durften.
Auf dem Weg durch die Neusser Strasse ahnt man noch gar nicht, was einen in dem Bad erwarten wird. Die Umgebung in Hauptbahnhofnähe ist geprägt von einem multikulturellen Umfeld, günstigen Modegeschäften und türkischen Friseuren. Die Fassade des Bades ist schlicht, erst auf den 2. Blick erkennt man den Schriftzug „Stadtbad Krefeld“.
Der lange Gang dann in Richtung des riesigen Komplexes (8000 qm) lässt ahnen, dass der Besucher es mit einem Mix aus 70- er Jahre Charme und pompöser Architektur der Kaiserzeit zu tun bekommt.
Die Fenster hier fehlen, es ist ein wenig frisch. Dennoch spiegeln die Säulenverzierungen wider, welche Detailverliebtheit hier am Werke war.
Direkt nach dem ehemaligen Eingang sieht man ein Bild, das die ehemalige Silbermedailliengewinnerin der olympischen Spiele in Rom, Wiltrud Urselmann, zeigt.
Das Stadtbad besteht aus wesentlich mehr Räumen, als viele modernere Schwimmbäder. Es wurde im Jahr 1890eröffnet und kostete 900 000 Mark. Damals galt es als das luxuriöseste Schwimmbad im gesamten Kaiserreich. Da viele Menschen damals keine eigene Möglichkeit zum Baden hatten, konnten sie hier für einen kleinen Obulus baden – entweder in privaten Räumen mit wunderschön gefliesten Wänden – oder in kleinen, mit Vorhängen abgetrennten Kabinen.
Es exisitiert sogar ein Kaiserbad, wobei nicht sicher ist, ob er diesen Raum jemals nutzte.
Die Wand des Kaiserbades ist mit Engeln verziert.
An vielen Stellen sieht man ein überaus spannendes Aufeinandertreffen ehemals modernen Elementen und dem Pomp der Kaiserzeit.
Überall assen sich Details entdecken. Die mit 3 Stunden angesetzte Fotosafari ist randvoll mit immer neuen Entdeckungen. Ich brauche durchaus Zeit, mich auf diesen speziellen Ort einzulassen und sowohl das große Ganze als auch die vielen Details wahrzunehmen.
An vielen Stellen wird man an seine Kindheit erinnert – so ein Schild gibt es wohl in jedem Schwimmbad.
Die Fliesen wurden in einem Zeitraum von zwei Jahren von einer Brennerei exklusiv für das Stadtbad angefertigt. Leider verschwinden immer wieder Fliesen, so dass die alte Schönheit wesentlich mehr als unbedingt nötig bröckelt. Das Tragen eines Helmes ist Pflicht.
Viele Armaturen sind noch erhalten – ich kann mir gut vorstellen, wie hier früher Menschen hingingen, um sich den Staub der Woche abzuwaschen.
Der Ruhesaal der römisch – irischen Bäder wurde auch nach der Schließung dieses Bereiches noch von einer Herrenloge genutzt. Die Decke leuchtet noch immer in einem intensiven blau – goldenen Farbton, die Bilder an den Stirnseiten sind ebenfalls noch farbintensiv, blättern aber leider teilweise ab.
Durch die zerschlagenen Fenster und Türen sieht man, wie sich die Natur die direkte Umgebung zurück erobert.
Es gab zwei große Schwimmbereiche: ein Damenbad und ein Herrenbad. Das Herrenbad ist größer als das Damenbad und schloss erst 2000.
Nach dem Erdbeben von 1992 musste das Damenbad den Betrieb einstellen, da es weit reichenden Schaden genommen hatte. Heute dient das Schwimmbecken als Rahmen für eine Kunstinstallation.
Der Außenbereich, das ehemalige Freibad, ist durch das Innere des Gebäudes zugänglich. Hier setzt sich der Charakter des Gebäudes fort, allerdings überwiegt die nüchterne Nachkriegsatmosphäre.
Die Wasserflächen sind teilweise zugewachsen. Der Bereich ist nur von ein paar Häusern her einzusehen.
Das Stadtbad Krefeld kann im Rahmen von Führungen oder Fotosafaris besucht werden. Beides muss über den Verein freischwimmer e.V. gebucht werden.